Ursachen des Kreuzbandrisses
Der Riss des vorderen Kreuzbandes zählt bei mittel- und großrassigen Hunden zu den häufigsten Lahmheitsursachen der Nachhand. Selten ist die Ursache ein äußeres Trauma (Unfall), sondern das vordere Kreuzband reißt bei ganz normaler Belastung infolge vorzeitiger Abnützung (Degeneration) des Bandes. Ein eingerissenes Kreuzband kann – bedingt durch seine Lage mitten im Gelenk – schlecht regenerieren und wird im Verlauf einiger Wochen bis Monate ganz durchreißen.
Am häufigsten sind die 5 Rassen Neufundländer, Rottweiler, Labrador Retriever, Bulldogge und Boxer betroffen. Unter den kleineren Rassen ist der West Highland Terrier überrepräsentiert. Da bei Hunden mit Kreuzbandriss bestimmte genetische „Marker“ gehäuft auftreten, ist eine erbliche Predisposition naheliegend. Genetische Faktoren tragen zur abnormalen Ausbildung des Kniegelenkes, der Bewegungsmuster und des Ganges bei. So begünstigen Stuhlbeinigkeit, O Beinigkeit, Innenrotation des Schienbeines, Kniescheibenausrenkung und ein stark abfallendes Tibiaplateau das Auftreten eines Kreuzbandeinrisses.
Übergewicht wurde als bedeutender Krankheitsauslösender Faktor erkannt. Hingegen stärkt eine regel- und gleichmäßige Bewegung alle Bänder und Sehnen. Andererseits wird die Festigkeit und Durchblutung des Kreuzbandes auch durch das Erbgut beeinflusst.

Symptome
Der Riss des vorderen Kreuzbandes führt zu einer Instabilität des Kniegelenkes, zu einer Gelenksentzündung und zur Arthrosebildung im Kniegelenk. Infolge der Instabilität kommt es häufig zu Verletzungen des Meniskus. Das Ausmaß der Symptome kann sehr unterschiedlich sein. Im Falle eines Einrisses zeigen die Hunde häufig nur eine geringe Lahmheit, schonen das Bein einige Schritte nach dem Aufstehen oder nur nach starker Belastung. Häufig verläuft der Einriss schubweise, wobei mit zunehmendem Durchreißen die Lahmheit deutlicher wird.
Sofern das Kreuzband plötzlich ganz durchreißt, entlasten die Hunde das Bein zur Gänze und gehen nur mehr auf drei Beinen. Durch Verschwartung der Kniegelenkskapsel versucht der Körper das Gelenk zu stabilisieren und die Hunde können unter Umständen kurze Zeit wieder besser laufen. Sekundäre Verletzungen des Meniskus, Muskelschwund und die Zunahme der Kniegelenksarthrose verschlechtern jedoch im weiteren Krankheitsverlauf das Gangbild. Hunde mit chronischem Kreuzbandriss gehen nur mehr ungern.



Diagnose
Die orthopädische Untersuchung gliedert sich in die Aufnahme des Vorberichtes, eine Ganganalyse im Schritt und Trab und die genaue Untersuchung des Kniegelenkes. Vermehrte Gelenksfüllung, verdickte Gelenkskapsel und Schmerzen bei Streckung und Beugung des Kniegelenks deuten auf eine Gelenksentzündung hin. Der Schubladentest gibt Auskunft über die Stabilität des Kniegelenkes. Ist das vordere Kreuzband vollständig gerissen, lässt sich der Unterschenkel gegenüber dem Oberschenkel nach vorne bewegen. Muskulöse oder sehr aufgeregte Hunde müssen manchmal für den „Schubladentest“ sediert werden. Schwieriger ist es einen Einriss des Kreuzbandes zu diagnostizieren, da das Kniegelenk nach wie vor stabil ist. Charakteristisch ist jedoch eine deutliche Schmerzäußerung beim Strecken und Innenrotieren des Kniegelenkes und ein positiver Sitztest. Die Röntgenuntersuchung dient dazu, eine Entzündung des Kniegelenkes und eine daraus entstandene Arthrose zu dokumentieren. Vielfach können damit auch andere Lahmheitsursachen einer Lahmheit des Hinterbeines ausgeschlossen werden. Wie beim Menschen ist in unklaren Fällen bei Teilrissen des vorderen Kreuzbandes eine Magnetresonanztomographie (MRT) die beste Methode zur Darstellung des Kniegelenkes.




Therapie : TPLO (Tibial Plateau Leveling Osteotomy, Rotationsosteotomie des Tibiaplateaus)
In der Vergangenheit wurden zahlreiche Techniken beschrieben, die fast ausschließlich auf einer Vernarbung der Gelenkkapsel beruhen und deren Erfolg meist zwischen 60 und 85% lag.
Mit den Untersuchungen zum Vorwärtsgleiten des Schienbeines („cranial tibial thrust“) und den Kräfteverhältnissen im Kniegelenk wurden diese traditionellen Therapiewege verlassen. Die Rotationsosteotomie des Tibiaplateaus wurde von Barclay Slocum entwickelt, der erkannte, dass die Ursache für die Vorwärtsbewegung des Schienbeines das nach hinten geneigte Tibiaplateau (Gelenksebene des Schienbeines) ist. Die beim vorderen Kreuzbandriss auftretende Stützbeinlahmheit, wird unter anderem dadurch ausgelöst, dass beim Vorwärtsgleiten der hintere Anteil des Meniskus gequetscht wird.

Nach einem bogenförmigen Schnitt durch den Schienbeinkopf wird der Schienbeinkopf soweit gedreht, dass das Tibiaplateau in einem Winkel von 4-6 Grad zur Unterschenkelachse steht und damit ein intaktes Kreuzband nicht mehr notwendig ist. Der Schnitt wird mit einer speziellen winkelstabilen TPLO-6-Loch-Platte stabilisiert. Das gedrehte Plateau stützt den Oberschenkelknochen vor dem Abgleiten nach hinten und reduziert die Kräfte, welche das Schienbein nach vorne drücken.






TPLO Nachsorge
Unsere Patienten werden 3 Stunden nach der Operation in häusliche Betreuung entlassen. Die operierte Gliedmaße wird meist schon nach wenigen Tagen (0-6 Tagen) belastet. Zur Verhinderung von Belastungsspitzen (Galopp, Herumspringen, Spiel mit anderen Hunden etc.) sollte der Hund 2 Monate an der Leine geführt werden. Gezieltes, täglich 3maliges Bewegen im Schritt führen zu einer langsam zunehmenden Belastung des Beines. Nach anfänglich nur 3 Minuten dauernden Spaziergängen steigert man wöchentlich die Ausgehzeit um 5 Minuten. Sofern es sich nur um einen Einriss des Kreuzbandes handelt, können die Patienten durchaus schon nach 10 Tagen 2-3 x 15 Minuten an der Leine spazieren gehen.
Die hervorragenden und den traditionellen Operationsmethoden überlegenen Ergebnisse der TPLO bei der Behandlung eines vorderen Kreuzbandrisses sind mittlerweile unbestritten. Auch die Langzeitergebnisse zeigen, dass durch die TPLO eine Arthrosebildung deutlich verlangsamt werden kann. Wird der Patient schon wenige Tage nach den ersten Lahmheitssymptomen operiert, so kann die Arthrose sogar komplett verhindert werden. Die Patienten laufen nach kurzer Zeit beschwerdefrei und auch die Rückkehr zum Hundesport ist meist wieder möglich. Dr. Dietmar Schnötzinger führt nun schon seit 15 Jahren TPLO als Routineoperation durch.

